
Das Politbarometer des ZDF titelt: „Stadtbild-Debatte: Mehrheit stimmt Merz zu„. Gezeigt wird eine Grafik mit der Überschrift:
„Aussage von Friedrich Merz zum Stadtbild in Deutschland: Hat er damit Recht?“
Unwillkürlich denkt man sofort daran, dass Friedrich Merz von einem Problem im Stadtbild gesprochen und dieses in unmittelbaren Zusammenhang mit Rückführungen in „sehr großem Umfang“ gebracht hatte:
„Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Da Rückführungen aktuell nur bei einer sehr kleinen Anzahl an Menschen möglich ist, deren Aussehen häufig nicht dem urdeutschen Phänotyp entspricht, und diese Menschen wiederum von vielen anderen ähnlichen Aussehens (mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit) äußerlich nicht unterscheidbar sind, wurde die Aussage als rassistisch aufgefasst. Daran entzündete sich viel Kritik.
Ein Stadtbild ergibt sich nun einmal allein aus Äußerlichkeiten, denen die Aufenthaltserlaubnis nicht eingeschrieben ist. Im selben Atemzuge von Rückführungen „in sehr großem Umfang“ zu sprechen, weckt darüber hinaus noch Assoziationen an das rechtsextreme Verlangen nach einer „Remigration“, vor der sich niemand mit Migrationshintergrund sicher fühlen kann. Große Bevölkerungsteile sehen sich so als ein „Problem im Stadtbild“ bezeichnet und mit Abschiebung bedroht.
Das Politbarometer vermittelt nun den Eindruck, dass 63% der Deutschen einer solchen Haltung zustimmen. Tatsächlich aber gibt das die Fragestellung nicht her. Denn sie lautete:

Diese Formulierung vermengt gleich mehrerer Aspekte, sodass man Merz auch Recht geben kann, wenn man es als problematisch ansieht, dass jemand „sich nicht an unsere Regeln“ hält. Die pauschale Diffamierung ganzer Bevölkerungsgruppen und die Befürwortung von Gesetzestreue führen zur gleichen Antwort, die hier ausgewertet wurde.
Handwerklich leistet sich das Politbarometer damit einen groben Fehler, der in der Sozialforschung unzulässig ist. Da es sich beim ZDF ebenso wie bei der Forschungsgruppe Wahlen, welche die Umfrage durchgeführt hat, um erfahrene Profis handelt, kann es nicht an Unvermögen liegen – zumal bei einer derart brisanten Thematik.
Im Resultat assistiert das ZDF damit einem Kanzler, der durch seine Aussage eine rassistische Haltung, wie wir sie von der AfD kennen, zur Regierungslinie erhoben hat. Schlimmer noch: Es macht 63% der Bevölkerung zu Rassisten, obwohl viele davon es nicht sind. Es verleiht Rassismus den Anschein von Normalität, die er nicht hat. Das ZDF hat hier nicht nur auf der ganzen Linie versagt, sondern verzerrt leichtfertig das Stimmungsbild der Bevölkerung und verschiebt die öffentliche Selbstwahrnehmung weiter nach rechts.