Alle Beiträge von heribert

Gottes Natur und der Menschen Kunst

– gegengelesen –

Thomas Hobbes: Leviathan (Teil 1)

Thomas Hobbes: Leviathan
Thomas Hobbes: Leviathan

Im Jahr 1651 veröffentlicht Thomas Hobbes sein Buch über den Leviathan. Er hatte es während des Bürgerkriegs verfasst, der in England sieben Jahre lang tobte. Dieser prägte sein Denken, obwohl er ihn nicht leibhaftig erfuhr. Hobbes, der vor dem Krieg auf Seiten des Königs stand, war aus Angst vor politischer Verfolgung nach Frankreich geflohen. Dort verstand er die Vorteile zu nutzen, die Distanz für Analysen bereithält. Auch ohne das Grauen unmittelbar erlebt zu haben, warfen die Schrecken des Bürgerkriegs lange Schatten auf die menschliche Natur. Zumal zeitgleich vom Dreißigjährigen Krieg ebenfalls erschütternde Grausamkeiten berichtet wurden. Viele warfen Hobbes vor, ein düsteres Menschenbild zu vertreten. Doch angesichts des langjährigen Mordens erstaunt viel mehr der Optimismus, von dem der Leviathan getragen wird. Die Einleitung gibt einen Ausblick darauf, welch große Versprechen Hobbes einlösen wollte, schenkte man ihm Gehör. Gottes Natur und der Menschen Kunst weiterlesen

Es gibt Systeme

– gegengelesen –

Niklas Luhmann: Soziale Systeme (Teil 1)

Niklas Luhmann: Soziale Systeme
Niklas Luhmann: Soziale Systeme

Niklas Luhmann beginnt sein theoretisch grundlegendes Werk über Soziale Systeme nach der Einleitung mit der Klarstellung des Ausgangspunkts. Diese Setzung dient einerseits dazu, für eine zirkulär gebaute Theorie einen Einstieg zu wählen, der aufgrund der Zirkularität theoretisch beliebig sein müsste, sicherlich aber großen Einfluss auf die Zugänglichkeit hat. Nicht jeder Einstieg dürfte gleichermaßen nachvollziehbar sein. Es gibt Systeme weiterlesen

Fördert Liberalismus Migration?

– gegengelesen –

Ivan Krastev: Europadämmerung (Teil 3)

Ivan Krastev: Europadämmerung
Ivan Krastev: Europadämmerung

Ivan Krastevs Blick geht über die EU hinaus. Nicht nur innerhalb ihrer Grenzen, sondern auch außerhalb setzt sie seiner Ansicht nach auf eine Entwicklung hin zu mehr Demokratie und Toleranz. Zweifelsohne würde man aus europäischer Sicht demokratische Tendenzen weltweit begrüßen. Allerdings bildete sie von Beginn an vor allem ein bewusstes Gegengewicht zu den undemokratischen Systemen, wie sie damals auch in Europa noch zahlreich waren. Wenn schon versteht sich die EU nicht als Wette auf eine demokratische Zukunft, sondern als Bollwerk gegen Diktaturen. Fördert Liberalismus Migration? weiterlesen

Undifferenzierte Berichterstattung über differenziertes Stimmungsbild

„Mehrheit für Lockerungen“ titelt das ZDF und zeigt dann eine Statistik, in der sich nur 21 Prozent der Befragten tatsächlich dafür aussprechen. Weitere 35 Prozent hingegen, die das ZDF-Politbarometer offenbar ebenfalls den Befürwortern von Lockerungen zuschlägt, will diese „nur, wenn Fallzahlen nicht stark ansteigen“. Das aber ist nicht das Gleiche wie eine Forderung nach dem Ende des Lockdowns. Vielmehr sprechen sich die Befragten dafür aus, die Maßnahmen weiterhin am Infektionsgeschehen auszurichten.

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Unwesen der Organisationen

– gegengelesen –

Niklas Luhmann: Organisation und Entscheidung (Teil 1)

Niklas Luhmann: Organisation und Entscheidung
Niklas Luhmann: Organisation und Entscheidung

Der Begriff System findet breite Anwendung. Man findet ihn heute in allen möglichen Kontexten: im technischen Bereich ebenso wie im politischen oder im sportlichen. Insofern kann es nicht überraschen, dass er auch auf Organisationen angewandt wird. Das mag oftmals unsystematisch geschehen, im Falle der Systemtheorie jedoch darf man davon ausgehen, dass sie sehr genau angeben kann, warum sie Organisationen als Systeme auffasst. Damit allein ist allerdings noch nichts gewonnen, denn die Frage ist, welche Erkenntnisse sich daraus ergeben. Unwesen der Organisationen weiterlesen

Wie Republikaner die Republik abschaffen

Sturm aufs Kapitol
Sturm aufs Kapitol

Donald Trump wird aller Voraussicht nach das neuerliche Impeachment überstehen, weil sich nicht genug Republikaner finden, die eine Amtsenthebung unterstützen. Obwohl damit eine Wiederwahl Trumps verhindert würde und dessen Zersetzungsversuche der republikanischen Grundordnung der USA eine entsprechende republikanische Antwort finden würden, sind es ausgerechnet Politiker, die sich selbst „Republikaner“ nennen, die einer dringend notwendigen Immunitätsreaktion der US-amerikanischen Republik im Wege stehen. Wie Republikaner die Republik abschaffen weiterlesen

Europa – eine hochriskante Wette?

– gegengelesen –

Ivan Krastev: Europadämmerung (Teil 2)

Ivan Krastev: Europadämmerung
Ivan Krastev: Europadämmerung

Ivan Krastev sieht die EU als ein spekulatives Projekt, weil ihr Gelingen von einer bestimmten gesellschaftlichen Entwicklung abhängig sei:

„Die Europäische Union ist eine hochriskante Wette darauf, dass die Menschheit sich in Richtung einer demokratischeren und toleranteren Gesellschaft fortentwickeln wird.“ (S. 26)

Man kann eine solche Aussage als Feststellung lesen, aber man kann sich auch kaum des Eindrucks erwehren, dass hier Kritik mitschwingt. Jedenfalls erscheint es wenig ratsam einen Staatenbund auf einer Grundlage zu errichten, die man als unsicher oder gar „hochriskant“ ansieht. Entsprechend könnte man Krastev hier einmal mehr so verstehen, dass er Naivität am Werke sieht.

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Scheitert die Demokratie an Covid?

Erfolgreich im Umgang mit Covid zeigen sich entweder Inseln wie Neuseeland oder autoritäre Regime wie China. Hier geht das Leben vielerorts beinahe normal weiter, während in den Demokratien Europas und Nordamerikas das gesellschaftliche Leben vom Virus weitgehend stillgelegt wurde und die Wirtschaft einbricht. So manche fühlen sich deshalb darin bestätigt, dass es starker Führung bedürfe, wogegen Demokratien zu harten Maßnahmen bereit sind.Umfrage zu Corona-Maßnahmen im Dezember 2020

Umfrage zu Corona-Maßnahmen im Dezember 2020

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Déjà vu

– gegengelesen –

Ivan Krastev: Europadämmerung (Teil 1)

Ivan Krastev: Europadämmerung
Ivan Krastev: Europadämmerung

Ivan Krastev sieht eine Europadämmerung heraufziehen und trifft damit offenbar einen Nerv. Galt das Projekt Europa lange als Erfolgsgeschichte mit nachhaltigem Integrationseffekt, so wirken sowohl der Erfolg als auch die Integration mittlerweile als gefährdet. Die so ordnungsliebende EU wirkt ungewohnt unaufgeräumt. Ereignisse und Strömungen unterlaufen für selbstverständlich gehaltene Spielregeln: Weder Flüchtlinge noch osteuropäische Regierungen wollen sich an Vorgaben halten und die Briten nehmen nach 45 Jahren Mitgliedschaft Abschied. Es entsteht der Eindruck, dass nach Jahren rascher Erweiterung sich de EU auf einen Wendepunkt zubewegt. Hat sie ihre Möglichkeiten überdehnt? Déjà vu weiterlesen

Klimaschutz scheitert nicht an der Bevölkerung

Einer Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP: United Nations Development Program) zu Folge sehen 64% aller Befragten im Klimawandel einen globalen Notfall („global emergency“). In dieser größten Umfrage zum Klimawandel wurden 1,2 Millionen Menschen in 50 Ländern befragt.

UNDP: Peoples' Climate Vote (2021), p. 15
UNDP: Peoples‘ Climate Vote (2021), p. 15

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